WIE BILDER WIRKEN

Sieben gestalterische Tipps für deine Fotos

Kennst du das? Du siehst ein Bild und es kracht sofort. Ein anderes findest du ganz hübsch aber es langweilt dich, es hat keine Faszination. Innerhalb von Sekundenbruchteilen steht fest, ob du ein Bild magst oder nicht.

Stokksnes in Island1/6 Sek | f/11 | 10 mm | ISO 80 | Nikon D500

Du entscheidest aber nicht aktiv, denn dein Innerstes hat längst ein Urteil gefällt. Viel früher als du in Worte kleiden könntest, warum. Woran liegt es, dass unser Unterbewusstsein derartig schnell in spannend oder öde, außergewöhnlich oder mittelmäßig sortiert? Vorab: Es sind natürlich viele Faktoren dafür ausschlaggebend! Einer der wichtigsten ist der Bildaufbau.

Unser Gehirn springt auf gewisse optische Gegebenheiten an. Manches mag es. Anderes nicht. Darüber Bescheid zu wissen und darauf zu achten, hilft in der Fotografie.

Welche Regeln zum „perfekten Bildaufbau“ führen, ist ein typisches und erschöpfendes Thema unzähliger Fotokurse. Dabei ergibt es aber auch ein ebenso typisches Problem:

Binsenweisheit Bla bla

Jeder weiß natürlich, dass die Einhaltung gewisser Prinzipien und Grundregeln zum besseren Bild verhilft. Doch es heißt auch, dass manchmal gerade der Regelbruch das Besondere hervorbringt.

Also, was hilft dir so eine Binsenweisheit? Ganz ehrlich? Nichts. Denn eigentlich kannst du jede Regel gleich knicken. Oder zumindest biegen. Keine wird einfach so passen. Jedes Motiv verlangt nach seiner eigenen Regel, einem spezifischen Bildaufbau.

WAS MUSST DU TUN, UM DEN BETRACHTER SEHEN ZU LASSEN, WAS DU GESEHEN HAST?


Noch bevor du zu fotografieren beginnst, wenn du dein Motiv betrachtest, ist die erste Übung, drei Punkte abzuklären:

  1. Was ganz genau begeistert mich an der Szene?
  2. Wie kann ich exakt das festhalten?
  3. Wie kann ich alles andere ausblenden?

Das kann dauern. Setz dich hin und nimm dir Zeit. Bevor du die Kamera zückst, überlege, was dir an dem Motiv gefällt. Spiel in deinem Kopf mit dem Motiv. Spiel solange, bis du Klarheit hast. Erst danach bist du gewappnet, um im Regel-Pool zu fischen, passende Regeln zu finden und dein Bild überzeugend umzusetzen.

ÜBERLEGE GUT WAS DIR AM MOTIV GEFÄLLT, BEVOR DU DIE KAMERA ZÜCKST! IGNORIERE ALLE GESETZE & GESTALTUNGSREGELN, BEVOR DU NICHT GLASKLAR WEISST, WAS DU ZEIGEN WILLST.

Wenn du Landschaften fotografierst, nimm dir Zeit, komponiere dein Motiv. Verwende jedenfalls ein Stativ.

Stativ

Ein Stativ kann nicht nur das Motiv stabilisieren, auch deinen Geist. ;-)

Auch zum Ausprobieren wie dein Hauptobjekt am besten wirkt. Schiebe es in die Mitte, nach vorne, an den Rand, nach

unten, an den goldenen Schnitt, etc. Finde heraus, welchen Unterschied die Position macht. Finde heraus, welchen Unterschied die Distanz macht, die Höhe. Klettere auf Bäume, krieche am Boden rum oder liege flach vor deinem Bild auf deinem Bauch. Du wirst staunen, welche Ideen dir so kommen.

Sieh dir dein Bild im Sucher ganz genau an, bevor du abdrückst. Analysiere es. Diskutiere es. Wie wirkt es auf dich? Positiv, negativ, gar nicht? Wenn es dir nicht gelingt, dass es beim Blick auf deinen Kameramonitor begeistert, wird es später auch niemanden begeistern. Das kann passieren! Das passiert ständig! Aber das ist kein Problem. Dann ist es einfach nicht dein Motiv! Pack die Kamera wieder ein und suche dir ein anderes  – DEINES! 

ERST WENN DU >DEIN< BILD GEFUNDEN HAST, IST ES ZEIT DICH MIT GESTALTUNGSREGELN AUSEINANDERZUSETZEN.


Regel #1

Ein klarer Bildaufbau freut das Auge

Je klarer der Bildaufbau, desto mehr unterstützt du das Auge dabei, das Wesentliche zu erkennen. „Reduce to the max“ ist hier die Devise.  Je weniger unnötige Information im Bild zu finden ist, desto schöner wird dein Bild wahrgenommen. Lass so viel wie möglich weg. Alles, was nicht zwingend für die Kernaussage deines Bildes nötig ist.

0,4 Sek | f/14 | 10 mm | ISO 80 | Nikon D500

Regel #2

Linien lenken deine Aussage

Linien im Bild lenken das Auge zum Hauptmotiv. Unser Auge ist gewohnt, von links nach rechts und von unten nach oben zu sehen. Dementsprechend sind Linien von links unten nach rechts oben perfekt geeignet, um den Betrachter zum Hauptmotiv zu führen. Außerdem verleihen Diagonalen dem Bild eine spannende Dynamik. Für eine gute Linienführung ist ebenfalls das Stativ Gold wert. Je präziser du die Linien setzt, desto besser wirkt das Motiv.

1/6 Sek | f/11 | 14 mm | ISO 160 | Nikon D4

Regel #3

Wir lieben, was symmetrisch ist

Unser Auge liebt Symmetrien, sie werden als angenehm und stimmig empfunden. Wenn es also um die perfekte Abbildung der Symmetrie geht, ist es besonders günstig, diese akribisch genau mittig zu setzen. Eine Möglichkeit außermittig Spannung zu erzeugen ist, ein symmetrisches Motiv, wie z.B. eine Blüte bewusst aus der Mitte zu nehmen, um gezielte Disharmonie im Bild zu erzeugen. Unser Auge wird nicht wegsehen können und ergründen wollen, warum das „störende“ dennoch fasziniert. Das symmetrische Motiv darf dann aber nicht (durch das Objektiv) verzerrt dargestellt werden.

1/125 Sek | f/4,5 | 150 mm | ISO 100 | Nikon D750


Regel #4

Der Bildrand beschneidet nicht das Bild, er schließt es ab

Der Abschluss am Bildrand ist essentiell. Wenn an den Bildrändern keine störenden oder abgeschnittenen Teile zu finden sind, verweilt das Auge an den wichtigen Dingen im Bild. Sonst wird der Blick unweigerlich an die unschönen Ränder gezogen und der Betrachter konzentriert sich nicht auf das, was du zeigen willst.

30 Sek | f/3,2 | 15 mm | ISO 100 | Nikon D4

Regel #5

Der Klassiker wirkt immer – Der goldene Schnitt | Die goldene Spirale

Der goldene Schnitt wird als besonders harmonisch und trotzdem spannend empfunden. Wenn du das Bild in etwa drei Teile teilst, von oben nach unten und von rechts nach links, befindet sich der goldene Schnitt an den Schnittpunkten.

Schön ist auch, wenn die Positionierung der goldenen Spirale entspricht. Dorthin kannst du dein Hauptmotiv setzen. Natürlich verlangt jedes Motiv einen gewissen Spielraum. Nicht immer kannst du den Hotspot exakt an die „richtige“ Stelle setzen. Dennoch hilft die Vorstellung vor deinem geistigen Auge sehr.

5 Sek | f/14 | 58 mm | ISO 100 | Nikon D500

Regel #6

Der Horizont spielt keine Nebenrolle

Der Horizont spielt eine wichtige Rolle! Je nachdem wo er liegt, ändert sich die Bildaussage.

Horizonte in der Mitte wirken meist langweilig. Ausgenommen sind symmetrische Spiegelungen, wo der Horizont in der Mitte für ein stimmig wirkendes Bild ausschlaggebend ist.

Der Horizont weit unten im Bild erzeugt Weite. Möchtest du den Himmel betonen, weil die Stimmung in den Wolken besonders ist, hilft es, den Horizont nach unten zu setzen.

Der Horizont weit oben im Bild führt dazu, dass sich der Betrachter auf den Vordergrund konzentriert, wenn also das Hauptmotiv im Vordergrund liegt, ist der Horizont am oberen Ende des Bildes optimal.

Regel #7

Die hellen Stellen wollen wir sehen

Helligkeit und Kontraste helfen, das Hauptmotiv zu betonen. Unser Auge nimmt zuerst helle Stellen wahr. Es hält sich praktisch an ihnen fest und ergründet sie. Erst danach nehmen wir dunklere Bereiche wahr. Kontrastreiche Bildanteile sieht unser Gehirn automatisch als wichtige Elemente. Nütze diese Tatsache bei der Lichtführung als auch bei der Bildbearbeitung. Mit Kontrasten und hellen Anteilen sollst du wichtige Bildanteile betonen. Nutze dunkle Bereiche um Anteile zu kaschieren, die ablenken.

1/25 Sek | f/13 | 10 mm | ISO 100 | Nikon D500